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Das Poem der force

Projektleitung:
Charlotte Bohn

Projektdauer:
2 Jahre

Gefördert von:
ÖAW

ÖAW | DOC
geleitet von Charlotte Bohn, Institut für Kunst und Kulturwissenschaften
Projektlaufzeit: 1.10.2023 – 30.9.2025

Im Zusammenhang mit Stürmen, Fluten, Bränden, Dürren und der Erschöpfung natürlicher Ressourcen, drängen zunehmend Kräfte ins Blickfeld, die menschliche Handlungsmacht formen, durchqueren und begrenzen – Kräfte, die nicht in der Dimension menschlichen Handelns aufgehen, aber auch nicht von dieser abzutrennen sind. Die Vielfältigkeit und Instabilität von Macht- und Kräfteverhältnissen werden von zahlreichen Denkströmungen des 20. Jahrhunderts betont. Eine besonders interessante Wendung sehe ich in Simone Weils Konzeption der force, in der sie, so meine Ausgangsthese, eine konstitutive Gegensätzlichkeit angelegt sieht: Einerseits ist die force die Grundlage, auf der soziale Herrschaft gründet, anderseits ist sie in ihrem Eigensinn, der sich nicht dem menschlichen Willen beugt, auch deren Gegenpol. Somit hält sie die Menschen in einer Spannung gefangen – begründet deren Machtausübung und destabilisiert und untergräbt sie zugleich.

In meinem Dissertationsprojekt rücke ich mit der force eine Denkfigur der Philosophin Simone Weil (1909-1943) in den Mittelpunkt, die, so meine Überlegung, im Kern eine produktive und streitbare Auseinandersetzung mit der Frage nach der Positionierung des Menschlichen im Nicht-Menschlichen führt. Am Geländer dieser Denkfigur lässt sich perspektivisch nicht nur das Mensch-Natur-Gefüge neu denken, sondern auch ein Beitrag zu philosophischen und ethischen Bemühungen leisten, die sich gegen die Vorstellung souveräner, individueller Handlungsmacht wenden und Bedingtheit, Begrenzung, Verletzlichkeit, Widersprüchlichkeit und wechselseitige Abhängigkeit in den Vordergrund stellen. Damit wird Weils Denken zu einem produktiven Ausgangspunkt, um Handlungsbedingungen zu erkunden, die über Logiken der Ausbeutung und Zerstörung hinausweisen.

In ihrer Form ist die Dissertation als eine Mischung aus philologischem Kommentar, philosophischer Reflexion und historischer Spekulation angelegt.

Schlagworte: Macht, Ohnmacht, Menschliche und Nicht-Menschliche Kräfte, Naturgewalt, soziale Herrschaft, Politische Philosophie, Ökologie, Simone Weil