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Die Architektur vergessen

Datum
Uhrzeit
Organisationseinheiten
Akademie
Ortsbeschreibung
Room 211a
Ort, Treffpunkt (1)
Hauptgebäude
Ort, Adresse (1)
Schillerplatz 3
Ort, PLZ und/oder Ort (1)
1010 Wien

Vortrag von Angelika Schnell vom Institut für Kunst und Architektur (in englischer Sprache)

Aldo Rossi gilt als der Hauptvertreter der Rationalistischen Architektur , einer Gruppierung der sechziger und siebziger Jahre, die jede Kritik am Rationalismusbegriff, die diesen als Herrschaftsphilosophie oder Irrationalismus entlarvt hat, ignoriert hat. Nach ihren Vorstellungen fußt die Rationalistische Architektur nicht auf einem „instrumentellen“ Rationalismus einer hochentwickelten Technikkultur, sondern ist ganz und gar auf die „Architektur der Stadt“, genauer: auf Physis und Form der europäischen Stadt ausgerichtet. Die von Rossi kuratierte XV. Triennale in Mailand mit dem Titel „Architettura Razionale“ verschafft der Gruppe ihren ersten internationalen, programmatischen Auftritt. Kaum eine andere Architekturtheorie der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts erscheint so ehrgeizig, kohärent und intellektuell – und ihre wesentlichen Instrumente, Typologie und Morphologie, gelten bis heute als wichtige Grundlage städtebaulichen Entwerfens.

Doch bereits Rossis Auswahl der Projekte und sein eigener Textbeitrag, der nie vollständig übersetzt wurde, werfen unmittelbar ein Licht auf die konzeptuellen Widersprüche innerhalb der Gruppe. Rossis vielfache Versuche, die Komplexität der Gegenwart in die Theorie einer Rationalistischen Architektur einzubeziehen, haben ihn immer wieder Umwege gehen lassen, die aus dem spiritus rector der Gruppe ihren Außenseiter macht. Der Typusbegriff, der im Zentrum seiner Theorie steht, hat weniger mit abstrakter Idee als mit konkreter Alterung, ja sogar Verfall zu tun: „Die Architektur vergessen“, so schreibt Rossi spät, wäre der Titel, den er seiner Selbstbiographie auch hätte geben können.

Angelika Schnell, Univ.-Prof. Dipl.-Ing.
Studium der Architektur in Berlin und Delft. Jahrelang Redakteurin bei ARCH+, lehrte an der TU Berlin, der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste Stuttgart, der Universität Innsbruck und seit Oktober 2009 an der Akademie der Bildenden Künste Wien Architekturtheorie und Architekturgeschichte. Dissertation: Die Konstruktion des Wirklichen – Eine systematische Untersuchung der geschichtstheoretischen Position in der Architekturtheorie Aldo Rossis.