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Lukas Kötz

Im Gespräch mit Barbara Pflanzner, Studio im Creative Cluster, 8. Mai 2023

Du hast an der Akademie Bühnengestaltung studiert. Welche Aspekte sind dir in deiner szenografischen Arbeit wichtig?

Im Studium war der spezifische Raum und der Umgang mit ihm zentral, bedingt durch Anna Viebrock, für deren Arbeit die gefundene Umgebung und der Außenraum eine große Rolle spielen. Sie brachte immer ganz viel von bestimmten Orten und Gegenständen in den Theaterraum mit hinein. Ich merke, dass ich das auf eine andere Weise mitgenommen habe. Durch das Studium hat sich auch eine eigene Handschrift und Haltung ausgebildet. Den architektonischen und den öffentlichen Raum und dessen Beeinflussung auf die Körper, diesen Aspekt finde ich total wichtig. Ich bemerke, dass sich das im Theater in Richtung des Virtuellen, Zweidimensionalen und irgendwie auch Oberflächlichen verschiebt, sodass ich ein wenig zum Verfechter geworden bin, den dreidimensionalen Raum mitzudenken, der mit dem Publikum geteilt wird. Dieses Zusammenkommen an einem Ort, das finde ich essenziell.

Weil du gerade das Publikum angesprochen hast: Du hast ja schon einige Projekte fürs Theater gemacht, aber auch für Festivals im öffentlichen Raum. Unterscheidet sich deine Arbeit für die beiden Kontexte?

Was mir als Erstes dazu einfällt, ist die Blickrichtung und die Perspektive des Publikums, die im Theater ja ganz schön festgesetzt ist: Ich habe hier meinen Sitzplatz und schaue von dort auf die Bühne, das wirkt erst einmal in eine bestimmte Richtung. Und dann gibt es die Rückseiten des Bühnenbildes, die sind nicht gestaltet, bei denen sieht man die Konstruktion und so weiter. Im öffentlichen Raum sind das natürlich ganz andere Fragen, beispielsweise spielen das Wetter und die Zeit eine ganz andere Rolle, oder auch Zufälle, wenn etwa jemand vorbeikommt und unfreiwillig Teil der Arbeit wird. Diese Aspekte aufzunehmen, das reizt mich total.

Im Rahmen des Studio-Programmes wolltest du die Beziehung von Körper und Raum untersuchen, im Studio als neutralem Raum. Konntest du dieses Vorhaben weiterdenken?

Ich weiß nicht mehr so genau, was ich damals als neutral bezeichnet habe. Ich bin ausgegangen vom Grundsatz, dass es diesen Raum hier gibt, bestehend aus Wänden, Boden und Decke, den man füllen kann. Ich hatte eigentlich auch vor, ein Projekt in der Turnhalle zu machen, aber das habe ich nicht weiterverfolgt, weil es mich dann eher hinausgezogen hat in die Stadt. Im Grunde geht es mir darum, mich auszuprobieren und neue Herangehensweisen zu Themen zu entwickeln – etwa das Zeichnen, dem ich mich in der letzten Zeit vermehrt widme.

In deiner Arbeit beschäftigst du dich interdisziplinär auch mit Performance, in der das Zusammenspiel von Körper und Raum ja nicht unwichtig ist.

Das kann ich konkret machen anhand eines Projektes, an dem ich gerade arbeite – auf einem ziemlich großen unbebauten Feld nahe der Seestadt Aspern. Hier hat mich zuallererst die Verortung eines nicht erschlossenen Raumes interessiert. Dafür habe ich eine Vermessungsstange nachgebaut, die ich letztes Jahr in den Bergen entdeckt habe. Zusammen mit den Koordinaten und einer Rasterung der Fläche dient sie zur Lokalisierung eines bestimmten Punktes. Im Kontrast dazu stehen dann die sich bewegenden und sich verändernden Körper, die sich einer konkreten Festlegung und Bestimmung entziehen können. Darauf aufbauend konzipiere ich gerade Objekte auf Stelzen, die sich an architektonischen Elementen wie Türen, Stegen oder Möbeln orientieren. Gerade diese Mischung eines skulpturalen Aspektes mit einer performativen Bespielbarkeit interessiert mich – da merke ich den Theaterbezug, von dem ich komme. Es geht nicht nur um das Objekt an sich, das man nur anschaut, sondern auch um den Bezug zum Körper, indem es benutzt wird.

Du hast 2018 an eine Oper mitgearbeitet mit dem Titel Erdbeben.Träume, die als Kommentar auf unsere Gesellschaft gelesen werden kann. Inwieweit spielen denn politische Aspekte in deiner Arbeit eine Rolle?

Ich habe vom Raum, als einem mit dem Publikum geteilten Raum gesprochen, als Versammlungsort und als Ort, wo zusammen etwas erlebt wird. Das ist schon ein politischer Aspekt, der da mitgedacht wird. Ansonsten versuche ich aufmerksam zu sein, was um mich herum passiert, in der Politik, in den Debatten und so weiter. Und dann ist natürlich die Frage, wie ich das in meine szenografische Arbeit übersetze. Bei dem Feld in Aspern beeinflusst die Nähe zur Seestadt, als dem großen Stadtentwicklungsprojekt meine Arbeit. Sprich, wie eine freie Fläche erschlossen wird und unter welchen Bedingungen dort gewohnt werden wird. Die Seestadt übt eine große Faszination wegen diesen ortsbezogenen Entwicklungen auf mich aus, gemischt mit einer Art Trübseligkeit.

Du teilst dir das Studio mit drei Bühnenbildnerinnen-Kolleginnen, mit zweien hast du in der Vergangenheit bereits gemeinsam Projekte umgesetzt. Haben sich im Rahmen des Programmjahres neue Kooperationen ergeben?

In dieser Übergangsphase nach dem Diplom ist es toll, hier diese Struktur zu haben. Ich befinde mich gerade in einem Zwischenbereich: einerseits selbst Projekte im öffentlichen Raum zu entwickeln und um Förderungen anzusuchen und andererseits Lust zu haben, gemeinsam mit Leuten wieder am Theater zu arbeiten und ein Bühnenbild zu gestalten, also nochmal einzutauchen in den schwarzen Bühnenraum. Das Studio ermöglicht es, weiter inhaltlich zu suchen und sich Zeit zu geben. Bestimmte Vorhaben hängen natürlich auch mit dem Studioraum hier im Creative Cluster zusammen. Im Theater hat man meist andere Möglichkeiten: es ist eine kollektive Arbeit, es gibt eine Probebühne und so weiter. Bei aktuellen eigenen Projekten geht es schon eher um die Frage: Was ist mir in meinem Studio überhaupt möglich? Was kann ich hier bauen? Im Herbst habe ich die Vermessungsstange nachgebaut, was auch nur durch den Raum hier möglich war. Meine Studio-Kolleginnen und ich stehen in einem ständigen Austausch, wenn wir gemeinsam hier sind, und es finden Gespräche statt, bei denen man merkt, dass wir dieselbe Ausbildung gemacht haben und eine Verständigung leichtfällt. Der Austausch ist daher da, aber konkrete gemeinsame Projekte gibt es gerade keine. 

Sind über das aktuelle Projekt in Aspern hinaus bereits weitere Projekte in Planung?

Ich mache gerade mit einer Gruppe von Kolleg_innen, die zum Teil noch studieren, einen Einheitsbühnenraum für die Jugendsparte an der Volksbühne in Berlin. Dieser nennt sich auch Grundraum, den wir für zwei Jahre umgestalten und in dem dann alle Stücke spielen werden. Wir haben die Tribüne und die Bühne hinausgeschmissen und ein modulares Podest-System eingebaut, sodass man die Spielflächen auf verschiedene Höhen setzen kann. Damit kann entweder eine „getreppte“ Tribüne gestaltet werden, auf der das Publikum sitzt, oder etwa eine lange Tafel, an der das Publikum Platz nimmt. Nach sehr langer Planung wird es nun im August 2023 eingebaut und dann für zwei Jahre genutzt werden. Im Winter gestalte ich zudem wieder ein Bühnenbild für Philipp Gehmacher im Tanzquartier. Gerade war ich eine Woche in Heidelberg bei einem Stipendiat_innen-Programm und habe mich sehr über den Kontakt zu anderen Theaterschaffenden gefreut. Zwar arbeiten fast alle transdisziplinär, aber Leute kennenzulernen, die dann eine wieder ganz andere Perspektive aufs Theater haben, war und ist sehr bereichernd.

https://vimeo.com/808863776

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