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Rückgabe eines vergessenen Bildes

11.03.2014

Mitte November vorigen Jahres erreichte die Akademie der bildenden Künste ein Schreiben:

"Mein Name ist Beat Steffan. Ich bin der Enkel Emil Pirchans, welcher ab 1936 eine Meisterklasse für Bühnenbildnerei an der Akademie leitete. […] Mein Großvater besaß ein Bild, <k> Hirte mit Schafen und Pferd <k>, Rosa da Tivoli (zugeschrieben), welches bereits circa 1915 bei ihm in der Wohnung, Elisabethstraße 15, in München hing und 1955 in seiner Wohnung, Dapontegasse 6, in Wien. 'Kurz vor seinem unerwarteten Tod 1957 hatte Emil Pirchan dieses Bild der Akademie zur Restaurierung übergeben, es wurde aber nach seinem Tod nie zurückerstattet.' Dies ist die mündliche Aussage meiner 2003 verstorbenen Mutter Sibylle Steffan, geborene Pirchan. […] Sie konnte sich in der Folge erschwerter Umstände nie um den Verbleib des Bildes kümmern."

Das tat nun der Enkel, Beat Steffan, Fotografien des Bildes in der Wohnung in München waren beigefügt.

Emil Pirchan (1884-1957) war Bühnenbildner, Maler, Architekt und Schriftsteller, studierte an der Akademie bei Otto Wagner Architektur und wurde mit der goldenen Fügermedaille und dem Meisterpreis der Akademie ausgezeichnet. 1936 wurde Pirchan zum außerordentlichen Professor für Bühnendekoration und Kostümkunde an der Akademie berufen. Pirchan gilt vielen als Wegbereiter des modernen Bühnenbildes. Zwischen 1936 und 1938 war Pirchan Mitglied der Vaterländischen Front. Nach dem "Anschluss" Österreichs an das Deutsche Reich blieb Pirchan an der Akademie. Seine Rolle während des Nationalsozialismus wird derzeit im Projekt Die Akademie der bildenden Künste in Wien zwischen 1920 und 1960. Lehrende, Studierende und Verwaltungspersonal der Akademie im Nationalsozialismus , welches von Verena Pawlowsky durchgeführt wird, erforscht. 1947 wurde Pirchan außerordentlicher Professor für Bühnenbildnerei und Festgestaltung und 1950 schließlich ordentlicher Professor. Pirchan starb 1957.

Wie und wo ein Bild suchen, das in den 1950er-Jahren übergeben wurde? So recht kann ich es nicht glauben, dass wir das Bild finden, und daher teile ich Beat Steffan mit, dass die Suche einige Zeit in Anspruch nehmen wird. Wir fragen in der Gemäldegalerie, im Kupferstichkabinett, in der Restaurierung nach. Ein Anruf von Wolfgang Baatz: "Ja, ich kenne das Bild, es hängt bei mir über dem Schreibtisch." Umgehend teilen wir Beat Steffan den Fund mit, der sich sehr freut. Restauriert wurde das Bild circa 1990 unter Gerald Kaspar, (1986 bis 1993 Leiter der Meisterschule für Restaurierung und Konservierung), die Retusche stammt von Pia Geusau, seinerzeit Hochschulassistentin. Sogar in der Publikation Mehr Schein als Sein? Retusche, Ergänzung, Rekonstruktion, Illusion wurde die Restaurierung besprochen.

Wir überprüfen die Angaben zum Bild, klären die rechtliche Situation der anspruchsberechtigten Erb_innen und übergeben das Bild, das vermutlich von Cajetan Roos, einem der Söhne Rosa da Tivolis stammt, am 7. März 2014 an Beat Steffan, der es dem Dorotheum zur Versteigerung übergibt. Und so kann man nur mit dem alten Rechtsgrundsatz enden: Das Haus verliert nichts.