Einladung zum Rigorosum von Adam Hudec
Das Institut für Kunst und Architektur der Akademie der bildenden Künste lädt herzlich zum Rigorosum von Adam Hudec' Dissertation "Epidermitecture: Socio-material investigation of biopatina on outer surfaces of built environments" ein.
Mitglieder des Prüfungssenats sind: Angelika Schnell (Vorsitzende), Michelle Howard (1. Betreuerin), Katja Sterflinger (Zweitgutachterin, Akademie der bildenden Künste Wien).
Abstract
Diese Dissertation untersucht das transformative Potenzial der äußersten Schicht von Gebäudefassaden und konzentriert sich dabei auf die Rolle der Biopatina – eine dünne Schicht organischer Ablagerungen, die sich im Laufe der Zeit ansammelt. Durch die Integration von Ansätzen aus der künstlerischen Forschung, der Materialwissenschaft und der Geomikrobiologie hinterfragt die Studie architektonische Diskurse, die Sterilität und Uniformität priorisieren. Gestützt auf die bahnbrechenden Erkenntnisse der geomikrobiologischen Forschung des INTK argumentiert sie, dass solche organischen Oberflächenprozesse nicht als ästhetische Degradierung abgetan, sondern als ökologische und funktionale Elemente verstanden werden sollten, die für die gebaute Umwelt wesentlich sind.
Anhand praxisbasierter Fallstudien in Wien, Prag und Brünn sowie den Ergebnissen des INTK wird gezeigt, wie Biopatina zur urbanen Resilienz beiträgt, indem sie Luftschadstoffe bindet, städtische Wärmeinseln mildert und das darunterliegende Material schützt. Diese Ergebnisse kritisieren dominante Instandhaltungspraxen, die Materialgeschichte im Streben nach idealisierter architektonischer Permanenz auslöschen, und decken so das Paradox auf, dass von Gebäuden erwartet wird, Zeit zu überdauern, während gleichzeitig deren Spuren entfernt werden.
Durch die Hinwendung von anthropozentrischer Erhaltung hin zu dynamischer und multispezieller Koexistenz verortet die Studie Biopatina innerhalb posthumanistischer, newmaterialistischer und organismisch orientierter Ontologien. Sie hinterfragt kulturelle Vorurteile, die in der Ästhetik von Oberflächen verankert sind, und fordert eine Neukonzeption von Fassaden als sich entwickelnde Entitäten statt als träge Hüllen. Die Akzeptanz organischer Transformation bietet eine Vision einer ökologisch integrierten Architektur, in der Materialalterung als wesentlicher Bestandteil der gebauten Umwelt geschätzt wird.
Um ihre Wirkung zu verstärken, kulminiert die Dissertation in einem Bio-Instandhaltungs-Manifest: einem Aufruf, nicht nur die vorgestellte Vision zu unterstützen, sondern die Forschungsergebnisse einem breiteren Publikum zugänglich zu machen und den Diskurs über architektonische Fürsorge in das Zentrum des öffentlichen Bewusstseins zu rücken. Sie definiert Instandhaltung neu – als achtsames Engagement mit nicht-menschlichem Leben – und stellt damit traditionelle Vorstellungen von Auslöschung und Kontrolle grundlegend in Frage.
Kurzbiographie
Adam Hudec ist Forscher, Architekt und Umweltaktivist mit Sitz in Wien, der an der Schnittstelle von Architektur, Kunst und ökologischer Forschung arbeitet. Er ist Mitbegründer des Dusts Institute, einer Plattform für experimentelle Umweltmessung, Materialwirksamkeit und situierte Pädagogik. Seine Projekte erkunden verborgene urbane und ökologische Dynamiken als Anzeichen für weitreichende sozio-ökologische Verflechtungen.
Hudec Installationen und Forschungsprojekte wurden international präsentiert, unter anderem auf der Architekturbiennale in Venedig (2025), der Klimabiennale in Wien (2024), der Bi-City Biennale of Urbanism/Architecture in Shenzhen (2019) und der India Design Week (2025). Er ist Herausgeber von From Dusts to Dusts (2025) und Mitherausgeber der bei Sternberg Press erscheinenden Anthologie Plant Space (2025). Neben seiner Praxis lehrt er international und leitet Workshops, die multispeziesale und ökologische Perspektiven in Architektur und urbane Systeme einbringen.
Das Rigosorum wird in englischer Sprache und am Schillerplatz 3, 1060 Wien, Raum 209 stattfinden.
Wir freuen uns sehr, Sie beim Rigorosum begrüßen zu dürfen.