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European Kunsthalle zu Gast bei Chambre d´amis

Datum
Uhrzeit
Organisationseinheiten
Bildende Kunst
Ort, Treffpunkt (1)
Atelierhaus
Ort, Adresse (1)
Lehárgasse 8
Ort, Adresszusatz (1)
1. OG
Ort, PLZ und/oder Ort (1)
1060 Wien
Ort, Raum (1)
Atelier Nord

Forbidden Symmetries von Katrin Mayer im Cambre d'amis (Fachbereich Video- und Videoinstallation) auf Einladung der European Kunsthalle
Letter 01 (European Kunsthalle), Vienna 2015
Lace-Making and Penrose Tiling
Entwurf und Ausführung von Dorothee Goerke und Katrin Mayer

In einem Kristall sind die Atome bzw. Moleküle in einer periodischen Struktur angeordnet, die sich in jeder der drei Raumrichtungen wiederholt. Jede Zelle ist von Zellen umgeben, die ein identisches Muster bilden. In einem Quasikristall sind die Atome bzw. Moleküle hingegen „quasiperiodisch“ angeordnet. Zwar zeigen die Atome eine regelmäßige Struktur, jede Zelle ist trifft jedoch auf ein jeweils anderes Muster. Quasikristalle werden deshalb auch als verbotene Symmetrien bezeichnet. Schneidet man einen Quasikristall durch, zeigt die Schnittstelle die so genannte Penrose Parkettierung: ein aperiodisches Kachelmuster, das eine Ebene lückenlos füllen kann, ohne dass sich dabei ein Grundschema in regelmäßigen Intervallen wiederholt.

Katrin Mayer verbindet in Forbidden Symmetries Überlegungen zu Quasikristallen und den geometrischen Mustern, die diese aufweisen, mit der Technik des Klöppelns. Auch diese Frauen vorbehaltene Textilkunst basiert auf mathematischen und geometrischen Berechnungen, die symmetrische Muster hervorbringen. Klöppelspitzen entstehen aus dem systematischen Verdrehen, Verknüpfen und Verschlingen verschiedener Fäden. Grundlage jeder Spitze bildet eine Mustervorlage, der Klöppelbrief, der diese Prozesse beschreibt: eine geometrische Zeichnung, die als Skript dient. Obschon Klöppelspitzen als textile Verzierung am Rande gedacht sind, verbirgt sich in ihnen eine hochkomplexe abstrakte Logik, die Serialität und Geometrie mit einer aus Naturformen abstrahierten Ornamentik verbindet. Forbidden Symmetries unternimmt das Experiment, eine quasikristalline, also aperdiodische Struktur in eine raumgreifende Spitze zu übersetzen und damit zwei Systeme zu konfrontieren, die Gemeinsamkeiten aufweisen, aber auch grundlegende Differenzen in Fragen von Wiederholbarkeit, strukturellen Regeln, Historizität und Gender. Die buchstäbliche Überkreuzung der Systeme entsteht vor Ort anhand eines eigens entwickelten Klöppelbriefes.

Gottfried Semper (1803-1879) stellt in seinen Schriften wiederholt Verbindungen zwischen Knoten, die er als die ältesten technischen Symbole beschreibt, Netzwerken, Geflechten, Spitzenwerken, Matten, Geweben und Architektur her. Im Rückgriff auf Semper und dessen aus dem Textilen abgeleiteter Revision der ästhetischen wie ideologischen Polarisierungen von Schein und Sein, autonomer Schöpfung und Dekoration entfaltet Katrin Mayer ihrerseits eine visuelle wie diskursive Verknüpfung verschiedener Überlegungen zum Klöppelwerk als Zusammenspiel verknüpfter und verschlungener Fäden: als Körper ohne Rahmung und als Material, das sich zum Umraum verhalten muss. Die geheime Sprache des Klöppelbriefs spielt dabei ebenso eine Rolle wie die abstrakte Übertragung disparater Erkenntnisfelder aufeinander, die ihrerseits ein neues Beziehungsgeflecht entstehen lässt.

Katrin Mayer realisiert Forbidden Symmetries im Chambre d’amis auf Einladung der European Kunsthalle. Die European Kunsthalle wurde 2005 in Köln initiiert und existiert als Institution jeweils dort, wo ihre Projekte stattfinden. Sie manifestiert sich als Ereignis und erscheint, um zu verschwinden und andernorts wieder aufzutauchen. Diese Betonung des Offenen, Prozesshaften überführt die Vorstellung einer räumlichen Verortung in ein fließendes Konzept, dessen Fokus auf künstlerischen Projekten liegt.

Am Eröffnungsabend findet parallel der Book Launch von Textiles: Open Letter , hg. von Rike Frank und Grant Watson in Zusammenarbeit mit Sabine Folie, Georgia Holz und Susanne Titz (Sternberg Press) sowie von Textile Theorien der Moderne. Alois Riegl in der Kunstkritik, hg. von Sabeth Buchmann und Rike Frank (PoLYpeN, b_books) statt.