Matthew Gandy: Urban Imaginaries
Die Otto-Wagner-Lecture 2025 mit Matthew Gandy wird organisiert vom Institut für Kunst und Architektur der Akademie der bildenden Künste Wien.
Mit Matthew Gandy konnte die Akademie einen wegweisenden zeitgenössischen Geografen für die Otto-Wagner-Lecture 2025 gewinnen. Gandy erkundet in seiner Arbeit ungewöhnliche Orte am Rande von Städten, an denen ökologische, topografische und historische Perspektiven aufeinanderprallen. Sein Vortrag handelt von urbanen Vorstellungswelten (Urban Imaginaries), ein relativ wenig erforschtes konzeptionelles Terrain, das Möglichkeiten bietet, oft konkurrierende oder widersprüchliche Stadtbedingungen zu beleuchten. Anhand der Erkenntnisse von Angela Arruda, Cornelius Castoriadis, Shiela Jasanoff und anderen Wissenschaftler_innen veranschaulicht er die Entstehung der urbanen Imagination als eine spezifische Art kultureller und politischer Konstellation. In der Otto-Wagner-Lecture wird Matthew Gandy die Schwankungen zwischen utopischen und dystopischen Formulierungen untersuchen, die verschiedene ökologische, pandemische, techno-futuristische und spekulative Ansätze umfassen.
Matthew Gandy ist Professor für Kulturgeografie und historische Geografie an der Universität Cambridge und preisgekrönter Dokumentarfilmer. Zuvor arbeitete er am University College London, wo er Gründer und erster Direktor des UCL Urban Laboratory war. Zu seinen Publikationen zählen Concrete and clay: reworking nature in New York City (MIT Press, 2002), The fabric of space: water, modernity, and the urban imagination (MIT Press, 2014), Moth (Reaktion, 2016) und Natura urbana: ecological constellations in urban space (MIT Press, 2022). Er veröffentlicht in führenden Zeitschriften, darunter IJURR, New Left Review und Society and Space. Derzeit arbeitet er an zoonotischen Aspekten der städtischen Epidemiologie als Teil eines umfassenderen konzeptionellen Rahmens für die „Multispezies-Stadt“ – eine städtische Umgebung, die bewusst so gestaltet ist, dass sie sowohl Menschen als auch eine Vielzahl anderer Spezies, wie Tiere, Pflanzen und Mikroorganismen als gleichberechtigte Bewohner_innen einbezieht und ihre Bedürfnisse berücksichtigt.
Die Otto-Wagner-Lectures sind ein Höhepunkt der akademischen Veranstaltungen des Instituts für Kunst und Architektur (IKA). Die Vortragsreihe gibt Referent_innen aus anderen Disziplinen und Kontexten das Wort, deren herausragende intellektuelle und/oder künstlerische Beiträge einen Diskurs fördern, der die Architekturdiskussion mit neuen Themen und Aspekten inspirieren und beleben kann. 2018 wurde die Lecture von Antonio Negri gehalten, der unter dem Titel A Subject for Europe über Formen kollektiver Organisation sprach, und 2019 referierte Vandana Shiva unter dem Titel Soil not Oil. The transfer from the age of fossil fuel for the awareness of a living earth.
Otto Wagner war von 1894–1912 Professor an der Akademie der bildenden Künste Wien. Seine Meisterklasse gilt als Laboratorium der architektonischen Moderne um 1900. Hier entstanden visionäre Entwürfe für eine Baukunst der Zukunft, deren Ästhetik konsequent funktional und konstruktiv begründet war. Wagners „Modernität“ und die Frage, wie sein Werk in politische, philosophische und wissenschaftliche Entwicklungen der modernen Gesellschaft eingebunden war, ist aber nach wie vor umstritten. Einige halten ihn wegen der klaren Aufteilung der architektonischen Elemente sowohl der Konstruktion als auch der Oberflächen für einen Pionier der Moderne, andere wiederum sehen in diesem „formalen Absolutismus“ den Ausdruck einer „humanistischen“ modernen Architektur, die in erster Linie die Werte und Normen der Bourgeoisie und der aufstrebenden Marktwirtschaft spiegelt, aber noch nicht als Teil der Avantgarde des beginnenden 20. Jahrhunderts gelten kann. Unumstritten sind die Impulse der architektonischen Moderne, die von Otto Wagners Werk ausgegangen sind.