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OUT NOW: derdiedas bildende | WA(Ä)HL

Mit Texten von Michaela Moser, Diedrich Diederichsen, Tamara Ehs, Ruth Horak, Wolfgang Baatz, Cathi Bouvier, Sigrid Eyb-Green, Magdalena Schindler, Andreas Spiegl, Anka Ptaszkowska, Roman Gerold, Ego Ahaiwe Sowinski und Rita Keegan.

INHALTSANGABE

Michaela Moser
Soziokratie = selbst organisierte Demokratie

Diedrich Diederichsen
Das Volk der Highschool – das Unbehagen in der Demokratie in einem populären Genre

Tamara Ehs
Mehr als wählen

AUS DEN INSTITUTEN

Ruth Horak
Kunst mit erweiterter malerischer Raum-Aktion/Skulptur/Installation im öffentlichen Raum

Wolfgang Baatz, Cathi Bouvier, Sigrid Eyb-Green, Magdalena Schindler
Geschichte der Restaurierung in Österreich: Erfahrungswissen und disziplinäre Professionalisierung

Andreas Spiegl
Biennale Lectures

VORTRAG

Anka Ptaszkowska
Principle of Equality

AUSSTELLUNG

Roman Gerold
Es gibt noch viel zu verlieren – Mit den Strukturen feministischer Kunstinstitutionen befasst sich die Ausstellung Dunkle Energie.

Ego Ahaiwe Sowinski, Rita Keegan
Nachdenken mit Rita Keegan, der Erfinderin des Women of Colour Index (WOCI)

EDITORIAL

Liebe Leser_innen,

wir freuen uns, Ihnen die siebente Ausgabe der Akademiezeitung derdiedas bildende präsentieren zu können. Diese Ausgabe widmet sich schwerpunktmäßig dem Thema Wahl – Wählen – Demokratie – Soziokratie.

Mit der Gründung der Republik Österreich 1918 ging auch die Einführung des allgemeinen, gleichen, direkten und geheimen Wahlrechts ohne Unterschied des Geschlechts einher. Und dennoch waren nicht alle wahlberechtigt – Prostituierte waren über das Kriterium der Sittlichkeit ausgeschlossen. Am 16. Februar 1919 schließlich durften Frauen in Österreich zum ersten Mal bei der Nationalratswahl wählen, und sie nahmen dieses Recht auch tatsächlich wahr. Die Wahlbeteiligung lag der Frauen lag bei 82,1 Prozent, die der Männer nur unwesentlich höher bei 86,98 Prozent.

Wenn Sie Zeit, Lust und Interesse haben, schauen Sie sich im Wiener Volkskundemuseum die Ausstellung „Sie meinen es politisch!“ 100 Jahre Frauenwahlrecht in Österreich an, die noch bis 25. August zu sehen ist. Dort werden auch Arbeiten von Studierenden des Fachbereichs Zeichnen der Akademie der bildenden Künste Wien gezeigt, die den thematischen Ausgangspunkt Frauenwahlrecht haben.

Wählen hat heute für viele Menschen eine geringere Bedeutung, misstrauen sie doch oft der Demokratie insgesamt. Die Wahlbeteiligung sinkt in den letzten Jahren in den meisten europäischen Ländern beträchtlich. Bei der letzten EU-Wahl 2014 betrug die Wahlbeteiligung in Österreich lediglich 45,4 Prozent, 1996 waren es noch 67,3. Demokratie versus Soziokratie – oder beides? Welche Alternativen oder zusätzlichen Formen, Instrumentarien könnte es zu Wahlen geben? Im Zuge der mittlerweile zahllosen Abstimmungen im englischen Parlament zum Brexit wurde der Ruf nach einer „citizens’ assembly“ laut, einer Art Bürger_innenversammlung, die mittels Zufallsauswahl von „Leave“- und von „Remain“-Wähler_innen zusammengestellt werden soll. Das Los würde entscheiden, so wie es Irland mit seiner „citizens’ assembly“ vormacht und damit ein Modell entwickelt hat, welches durchaus nachahmenswert ist. Andererseits bleibt jedoch der Einwand, dass solche Modelle ein verfassungsmäßig demokratisches System konterkarieren, um nicht zu sagen: dem Grunde nach infrage stellen.

Demokratie heißt auch Kompromisse schließen, Kompromisse aushandeln, aber das wird zunehmend schwieriger in einer Welt, in der Partikularinteressen immer stärker Berücksichtigung finden sollen, eine Polarisierung der Sichtweisen und Vorstellungen vorangetrieben wird und Entscheidungen aufgrund persönlicher Befindlichkeiten und nicht im Sinne eines Gemeinwohls, einer Institution getroffen werden. Kritik und Streit sind in Österreich noch mehr in Misskredit geraten, als sie das historisch gesehen immer schon waren – es gilt mittlerweile als Ausdruck des Guten, des Richtigen, wenn nicht kritisiert, wenn nicht gestritten wird. Doch die parlamentarische Demokratie – und nicht nur diese – lebt von Kritik, von der Auseinandersetzung, von gegensätzlichen Interessen und Standpunkten, ja, auch Streit. Es ist Ausdruck von autoritären Staaten oder Gemeinwesen, dass Kritik nicht zugelassen wird, Meinungsverschiedenheiten unterbunden werden – in der irrigen Meinung, das alles würde den Staat, das Gemeinwesen schwächen. Mitnichten! Streitkultur stärkt, ermöglicht Aushandlungen, ermöglicht ein Lernen, ermöglicht Kompromisse und gute Lösungen für alle. Und das gilt auch für Universitäten.

Neben dem thematischen Schwerpunkt präsentieren sich in jeder Ausgabe der Zeitung auch einzelne Fachbereiche, dieses Mal der Fachbereich Kunst mit erweiterter malerischer Raum-Aktion/Skulptur/Installation im öffentlichen Raum. Die Mittelseite ist wieder den Einreicher_innen des Birgit-Jürgenssen-Preises gewidmet. Diese Auszeichnung geht für das Jahr 2019 an Isabella Brunäcker, 1984 geboren, Studierende des Fachbereichs Video und Videoinstallation bei Dorit Margreiter und Absolventin der Schule Friedl Kubelka für unabhängigen Film. Die Preisverleihung findet am 30. April 2019 um 18.00 Uhr im Mehrzwecksaal des Atelierhauses der Akademie statt, die Arbeiten sind bis 9. Mai dort zu sehen.

Die Akademie-Auktion 2019 erbrachte dank zahlreicher Werkspenden namhafter Künstler_innen einen Reinerlös von rund 167.000 Euro, womit dieser im Vergleich zum Vorjahr um mehr als 25.000 Euro gesteigert werden konnte. Danke an alle, die mitgesteigert und diesen großen Erfolg ermöglicht haben, sowie an alle, die organisiert haben und diese immer erfolgreichere Auktion ermöglichen. Neben der Unterstützung für das tralalobe-Haus des Diakonie-Flüchtlingsdiensts (Schirmherrinnenschaft Michaela Klein, www.tralalobe.at), für Queer Base – Welcome and Support for LGBTIQ Refugees und heuer erstmals für den Verein solidarity matters werden die Gelder als Hilfestellung für Studierende verwendet, die aufgrund ihres Hintergrunds als Asylwerber_innen oder aufgrund ihrer Staatsbürgerschaft erschwerte Lebensbedingungen vorfinden, vor allem um ausreichend finanzielle Mittel für die Erlangung des Studierendenvisums zu haben. Darüber hinaus ermöglichen die Erlöse der Auktion ein Artist-in-Residence-Programm, das die Akademie für Künstler_innen aus sogenannten Drittstaaten ins Leben gerufen hat und in Kooperation mit mag das Hotel durchführt.

Wir wünschen eine anregende Lektüre, und bitte machen Sie von Ihrem, mache Du von Deinem Wahlrecht bei der kommenden EU-Wahl, aber auch bei der kommenden ÖH-Wahl Gebrauch.

Eva Blimlinger, Rektorin

Andrea B. Braidt, Vizerektorin Kunst | Forschung

Karin Riegler, Vizerektorin Lehre | Nachwuchsförderung