Peršmanhof: Statement des Senats und Rektorats der Akademie der bildenden Künste Wien
Unter Verdacht…
Noch vor wenigen Wochen haben wir mit Bestürzung auf das Vorgehen der Polizei gegen ein Bildungscamp an der NS-Gedenkstätte Peršmanhof hingewiesen, das sich mit dem Widerstand gegen Faschismus auseinandergesetzt hat.
In der Zwischenzeit wurde die Rechtswidrigkeit dieses polizeilichen Übergriffs durch eine vom Innenministerium eingerichtete multiprofessionelle Kommission dokumentiert und festgestellt. Was mit einem Verstoß gegen Regeln des Campierens begründet und legitimiert werden wollte, entpuppte sich als ein politisch motivierter, behördlicher Angriff auf antifaschistische Bildungsarbeit und diente zugleich der Beschaffung der Identitätsdaten der am Camp teilnehmenden Personen. Dass Bildungsarbeit gegen Faschismus und das Bemühen, diesem »nie wieder« Raum zu geben, zum Selbstverständnis der Republik Österreich gehört (oder gehören sollte), muss hier nicht nochmals betont werden. Bedrohlich erscheint aber, dass sich hier eine politische Praxis („von Rechts wegen“ und unterstützt durch eine sich verselbstständigende Polizei) zu immunisieren versucht und Antifaschismus kriminalisiert wird.
Drei Studierende der Akademie der bildenden Künste Wien haben am Camp teilgenommen und waren von der rechtswidrigen Polizei-Razzia auf einer NS-Gedenkstätte betroffen. Was sie mitgenommen haben, ist der Eindruck, dass sie selbst, nachdem die Unrechtmäßigkeit des polizeilichen Vorgehens durch die Kommission festgestellt wurde, immer noch unter Verdacht stehen und offenbar auch weiter beobachtet werden. Erhärtet wird dieser Eindruck dadurch, dass eine_r der Studierenden, die auch in der Hochschüler_innenschaft aktiv ist, im Oktober von der Polizei aufgesucht und seine/ihre Identitätsdaten behördlich aufgenommen wurden.
Wenn antifaschistische Bildungsarbeit und Kritik an sich abzeichnenden Entwicklungen schon vorauseilend unter Verdacht gestellt (und verfolgt) werden, bleibt von einer lebendigen Demokratie nicht mehr viel übrig. Gleiches gilt für die universitären Entwicklungen von Wissenschaft und Kunst, wenn deren antifaschistischer Bildungsauftrag und deren Freiheit, sich entsprechend kritisch zu Wort zu melden, bedroht werden. Diesem latenten (oder manifesten) Kriminalisieren von antifaschistischer Bildungsarbeit muss entgegengetreten werden, wenn Kunst und Wissenschaft weiterhin Anstöße für eine kritische Auseinandersetzung mit gesellschaftlichen Entwicklungen beitragen sollen, ohne dass diese Anstöße als Verstöße bewertet und geahndet werden.
Wir stehen solidarisch hinter den Studierenden der Akademie der bildenden Künste Wien und fordern eine offizielle Entschuldigung gegenüber allen von dieser Polizeiaktion Betroffenen und entsprechende Konsequenzen.
Senat und Rektorat der Akademie der bildenden Künste