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Pia-Veronica Åström

Im Gespräch mit Barbara Pflanzner, Studio im Creative Cluster, 24. April 2023

Sprechen wir als erstes über deine Malereien. In deinem Künstlerinnenstatement beschreibst du den Körper als gebrochene Form, die eine Situation oder eine Erinnerung darstellen soll. Kannst du das näher erläutern? 

Meine Gemälde beziehen sich sehr stark auf meinen eigenen Körper, aber auch auf Körper im Allgemeinen. Die Werke wurden mehrmals durch meinen Körper bearbeitet, wodurch eine persönliche Beziehung entsteht. Malen ist für mich kein intellektueller Prozess. Die unendliche Anzahl an Möglichkeiten kann für das Malen überwältigend sein und ich finde den intuitiven Filterungsprozess bei dem, was ich durch meine Gesten auslöse, interessant. Die Art und Weise, wie mein eigenes Gehirn anfängt, Dinge zu erfinden und wie ich sowohl mich selbst als auch die Betrachter_innen dazu bringen kann, dem Gesehenen einen Sinn zu geben, fasziniert mich. Das, was ich assoziiere, fühle und erinnere, sind die drei Komponenten, die bei meiner Arbeit eine Rolle spielen, aber letztendlich dürfen sie nicht persönlich sein. Es ist wichtig, Elemente zu finden, die sich in etwas Universelleres übersetzen lassen.

Kannst du mir ein wenig über deine Form der Reduktion erzählen?

Ganz am Anfang, als ich mit dem Malen begonnen habe, fehlte es meinen Arbeiten oft an Kontrast. Erst später habe ich verstanden, wie wichtig farblicher Kontrast für meine Werken ist, damit sie eine stärkere Wirkung erzielen. Ich neige zu gedämpften Farben und überlagere sie im Bild mit helleren, was es getönter oder vage macht – es entsteht eine Unschärfe. Wenn es zu viel davon ist, kommuniziert das Werk nicht so stark, wie ich es gerne hätte. Vor allem in den letzten Jahren habe ich mich bemüht, den Kontrast in meinen Werken zu erhöhen. Dadurch entsteht nicht nur schlichte Dunkelheit, sondern auch sehr viel Tiefe. Bei der Abstraktion muss man wissen, woher man seine Einflüsse nimmt – ich schätze, ich nehme sie aus der Suche nach den unsichtbaren Aspekten der Welt oder meinem eigenen Gefühl des Seins, aus meinem Arbeitsstil oder meinen Gesten. Entscheidend ist die Erinnerung an das, was ich mir vorgestellt habe, sowie an die Situation, mit der ich sie bei der Entstehung assoziiert habe und was ich sehen kann – die Elemente dessen, was aus dem Unbewussten auftaucht, sind fesselnd, ebenso wie die Frage, was ich nicht zeige und ich in gewisser Weise zensiert habe und was nun daraus entsteht.

Würdest du zustimmen, dass dein Fokus auf einem Ausgleich der koloristischen Möglichkeiten liegt?

Ich stimme zu. Farben sind für mich essentiell. Normalerweise beginne ich ein Bild viel explosiver, als es sich am Ende gestaltet. Am Anfang sind die Arbeiten in der Regel wilder und oft noch kräftiger in der Farbgebung. Wenn der Prozess des Ausbalancierens beginnt, versuche ich zu unterscheiden, was ich sehen und worauf ich weiter aufbauen kann. Solche unsichtbaren Spuren entstammen dem Unbewussten und tauchen gewissermaßen auf magische Weise an der Oberfläche auf. Aber die Suche nach Balance ist mir sehr wichtig geworden. Wenn ich mir meine früheren Bilder anschaue, waren sie wilder als heute, aber auch unausgewogener. Das ist ein schmaler Grat, denn ich mag die rauen Aspekte der Arbeiten, die ich auch so weit wie möglich beibehalten möchte. Ich brauche Wildheit auf ausgewogene Weise, so uneindeutig das auch klingen mag. Ich versuche diese beiden Eigenschaften zusammenzubringen und etwas zu malen, das wild und ruhig zugleich sein kann.

In deinem Atelier hier im Creative Cluster arbeitest du an großformatigen Objekten. Hast du schon während deines Studiums an der Akademie bildhauerisch gearbeitet?

Ich habe immer schon beides gemacht. Die Malerei nimmt aber einfach die meiste Zeit in Anspruch. Die Arbeit an Objekten braucht Raum. Wenn man für eine Ausstellung nicht ortsspezifisch arbeitet, muss man sich den Raum vorstellen, in dem die Objekte gezeigt werden sollen, was sehr schwierig ist. Bei der Malerei ist das anders, für ein zweidimensionales Werk braucht es lediglich eine Wand. Die Arbeit hier im Studio war bisher sehr gut. Ich bin wirklich dankbar für die Möglichkeit, an diesen neuen Objekten zu arbeiten. Da die Bilder an einem anderen Ort aufbewahrt werden, kann ich zum ersten Mal die beiden Medien getrennt halten und mich nur auf die Objekte konzentrieren.

Was an diesen Objekten auffällt, ist ihre Materialität. Was für Materialien verwendest du für sie?

Einen Großteil der Materialien finde ich auf der Straße oder auf Mülldeponien, wie etwa diese Jacke oder diese Matratze. Das ist eine Obsession, die ich habe. Ich bin eine Opportunistin: Ich suche, schaue und jage nach Dingen in meiner Umgebung. Es ist interessant, wie sich die Materialien in etwas verwandeln und zu etwas werden können, was sie eigentlich nie sein sollten. Es geht nicht so sehr darum, etwas zu finden und es so zu präsentieren, wie es ist, es ist keine Aussage. Der Prozess des Findens, Sammelns und Planens von Möglichkeiten ist genauso wichtig wie die eigentliche Herstellung der Objekte. Für mich ist es eher ein Spiel, herauszufinden, welche spezifischen Elemente die Materialien in Kombination mit dem, was ich mit ihnen machen kann, behalten können. Alle diese Objekte im Atelier müssen noch fertiggestellt werden – sie sind noch in Bearbeitung.

Ich mag ihre Rauheit. 

Ja, das gefällt mir auch. Ich achte darauf, dass die Objekte nicht zu sehr bearbeitet sind. Ich will sie nicht perfektionieren oder sie dekorativ machen. Mir gefällt, dass ihr Ausdruck so rau ist, er sogar fast hässlich wirkt. Dieses Jahr habe ich auch zum ersten Mal mit Beton gearbeitet, was ziemlich schwierig ist, da man sehr präzise sein muss.

Haben diese Arbeiten auch einen politischen Anspruch?

Abgesehen davon, dass sie sich alle auf den gebrochenen Körper beziehen, der sich in einem Modus des Übergangs befindet, ist es auch ironisch, dass ich mit Abfall, Müll und Schrott direkt von der Straße arbeite und das mit dieser klassischen Ölmalerei kombiniere. Also ja, ich denke, es wird zu einem Spiegel der neokapitalistischen Hegemonie oder der Heuchelei der Gesellschaft als Ganzes.

Was sind die Pläne für die nächsten Wochen und Monate?

Ich möchte die Objekte hier fertigstellen und bearbeiten und Möglichkeiten finden, mit der Präsentation und Dokumentation zu experimentieren. Und natürlich male ich auch ständig. Im Grunde mache ich also einfach mit dem weiter, was ich bereits tue. Es wird keine neuen Projekte geben, bis ich diese Arbeiten abgeschlossen habe.

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