Einladung zur Defensio von Laura Rabbachin
Das Institut für Naturwissenschaften und Technologie in der Kunst der Akademie der bildenden Künste Wien lädt herzlich zur Defensio von Laura Rabbachins Dissertation „Kulturerbestätten aus Stein in Österreich und Israel: Die Bedeutung von Mikroorganismen für deren Verwitterung” ein.
Mitglieder des Prüfungssenats sind: Carolin Bohlmann (Vorsitz), Katja Sterflinger (Betreuerin), Sergio Enrico Favero-Longo (externer Gutachter, Universität Turin).
Abstract
Petroglyphen – Felsritzzeichnungen - gehören zu den frühesten Formen menschlicher Ausdrucksweise. Diese weltweit zu findenden Kunstwerke und Zeitdokumente geben Einblicke in die Glaubensvorstellungen, den Alltag und die kulturellen Identitäten vergangener Gesellschaften. Wie jede natürliche Steinoberfläche, die der Atmosphäre ausgesetzt ist, unterliegen sie jedoch physikalischen, chemischen und biologischen Verwitterungsprozessen. Trotz ihres kulturellen Wertes ist die wissenschaftliche Forschung zur Degradation von Felskunst, insbesondere zur Biodeterioration, bisher begrenzt. Die vorliegende Arbeit untersucht daher die Rolle von Mikroorganismen bei den Verwitterungsprozessen von Petroglyphen in zwei verschiedenen Klimaregionen – der Negev-Wüste in Israel und der alpinen Region Österreichs (Dachstein-Gebiet). Die Hypothese lautet, dass lokale klimatische Variablen die mikrobielle Zersetzung der Felsoberflächen maßgeblich beeinflussen. Eine multi-analytische Herangehensweise wurde angewandt, um die Zusammensetzung der Lithobiontengemeinschaften, ihre räumliche Organisation auf und im Gestein und ihre Wechselwirkungen mit dem Gestein zu untersuchen. Physikalisch-chemische Methoden wurden genutzt, um die Zusammensetzung des Gesteins (Kalkstein) sowie der dunklen Kruste (Tonminerale mit Mn- und Fe-Oxiden), die die Wüstenfelsen bedeckt, zu bestimmen. Metagenomische Analysen in Kombination mit mikroskopischen Techniken zeigten eine endolithische Besiedlung der Wüstenfelsen, die deutlich von Bakterien, insbesondere Actinobakterien und Cyanobakterien, dominiert wurde. Die alpinen Proben hingegen wiesen eine ausgeprägte epi- und endolithische Besiedlung mit komplexeren mikrobiellen Gemeinschaften aus Bakterien, Archaeen und Eukaryoten auf. Weitere mikroskopische Untersuchungen der alpinen Proben belegten den allgemeinen Biodeteriorationszustand des Gesteins und die hohe Bohraktivität der Biofilme, insbesondere der filamentösen Cyanobakterien (z. B. Nostocales und Oscillatoriales). Ein dicker Moos-Biofilm mit einer hohen Anzahl von Bacteroidota-Taxa erwies sich als besonders schädlich für das Gestein, da er zu einer starken Zerstörung des darunterliegenden Felsens führte. Die Analyse von Steinen ohne sichtbaren Biofilm zeigte ein Mikrobiom, das von ammoniakoxidierenden Archaeen dominiert wurde, was möglicherweise auf das Vorhandensein eines zuvor degradierten Biofilms (als Ammoniakquelle) und einen aktuellen Verwitterungszustand (Auflösung von Calciumcarbonat) hindeutet. In den Wüstenproben zeigten SEM-EDX-Analysen zudem Verwitterungsmuster, die möglicherweise mit der Aktivität biodeteriorativer Mikroorganismen in Verbindung stehen. Diese Organismen lösen die kalkhaltige Matrix aus dem Grundgestein und mobilisieren Metallkationen aus der schwarzen Lackkruste für ihren Stoffwechsel, wodurch das Gestein langsam verwittert. Um das Potenzial dieser Mikroorganismen zur Zersetzung von Calciumcarbonat zu bewerten, wurde eine kultivierungsabhängige Strategie mit metabolischen Tests kombiniert. Die Ergebnisse zeigten, dass die isolierten Stämme aus den Negev-Petroglyphen-Stätten, darunter Cyanobakterien und heterotrophe Bakterien, in der Lage sind, das Gestein zu zersetzen. Die Analyse der Pilzgemeinschaften ergab hingegen, dass diese Organismen nur in geringer Zahl als Felsbewohner vorhanden sind, jedoch aus spezialisierten Arten bestehen, wie z. B. mikrokolonialen Pilzen und Flechten mit hohem biodeteriorativem Potenzial. Abschließend wurde eine Bewertung und ein Vergleich der Auswirkungen der Lithobionten auf die untersuchten Petroglyphen durchgeführt, wobei berücksichtigt wurde, dass Biofilme in Umgebungen mit hohem abiotischem Stress auch eine bioprotektive Wirkung haben können.
Kurzbiographie
Laura Rabbachin hat einen Masterabschluss in Chemischen Wissenschaften für Konservierung und Restaurierung von der Ca’ Foscari Universität Venedig, Italien. Seit 2019 ist sie Teil des Instituts für Naturwissenschaften und Technologie in der Kunst (INTK) an der Akademie der bildenden Künste Wien. Von 2019 bis 2021 war sie an verschiedenen Projekten zu Kunstmaterialien und deren Alterungsprozessen beteiligt. Seit 2021 ist sie Doktorandin und Lehrende. Ihre Doktorarbeit befasste sich mit der Biodeterioration von steinernen Kulturgütern in Österreich und Israel. Ab 2025 wird sie also Postdoc im Rahmen eines vom WWTF geförderten Projektes Biopatinas auf urbanen Architekturoberflächen als potentielle Biofilter und Bioremediationssysteme untersuchen.
Die Defensio wird in englischer Sprache und an der Akademie in der Augasse 2-6, Raum D 1.17.15 sowie online via Zoom stattfinden.
Zoom-Link: https://akbild-ac-at.zoom.us/j/68456510029?pwd=gmTStt4Mo8cVtZu4K2UJlDkSOERQZm.1
Wir freuen uns sehr, Sie bei der Defensio begrüßen zu dürfen.