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waking doubting rolling shining and musing

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Organisationseinheiten
Akademie

Kuratorenprojekt der Akademie der bildenden Künste Wien 2006
Eröffnung: Donnerstag, 16.11.2006, 19.00 h
Ausstellungsdauer: 17.11. - 02.12.2006, Mo-Sa von 11.00 - 18.00 h, Eintritt frei
Ort: Atelierhaus der Akademie der bildenden Künste Wien, Lehárgasse 8, Mehrzwecksaal, 2. Stock, 1060 Wien

© Andreas Heller|Andreas Heller:>>Wie alles so einfach wird...<<, 2006, Montage Print
Andreas Heller:>>Wie alles so einfach wird...<<, 2006, Montage Print
© Andreas Heller

Pressegespräch: Mittwoch, 15.11.2006, 11.00 h
Stephan Schmidt-Wulffen, Rektor der Akademie, und der Kurator Adam Budak führen durch die Ausstellung
Eröffnung: Donnerstag, 16.11.2006, 19.00 h
mit der Performance >>Linking Balkans<< von Ana Ex und einem Konzert von >>Black Flash<<
Ausstellungsdauer: 17.11.-02.12.2006, Mo-Sa von 11.00-18.00 h, Eintritt frei
Ort: Atelierhaus der Akademie der bildenden Künste Wien, Lehárgasse 8, Mehrzwecksaal, 2. Stock, 1060 Wien
Party: ab 21.00 h im Prospekthof, Erdgeschoß
Djs: Malgorzata Oliwa + Sweet Susie (Dub Club/Flex)
Kurator: Adam Budak, Kunsthaus Graz

KünstlerInnen:
Maria Anwander | Eva Beierheimer + Miriam Laussegger | Katharina Cibulka + Philipp König | Alice Durst + Zoé Byland | Ana Ex | Monika Grabuschnigg | Maren Greinke | Zoe Guglielmi | Helmut Heiss + Jan Groos | Andreas Heller | Thomas Hesse | Bruno Hoffmann | Eleni Kampuridis | David Kellner | Silke Manz | Julia Maurer | Albert Mayr | Sissa Micheli | Diego Mosca | Julian Mullan | David Payr | Drago Persic | Martina Pfingstl | Miriam Raggam + Gudrun Gruber, Judith Gruber, Barbara Wilding | Linda Reif | Tina Ribarits | David Roth | Johannes Vogl | Julia Zborowska | Marko Zink sowie Institut für Konservierung - Restaurierung und Studierende der Studios Lainer und Tschapeller

© Monika Grabuschnigg|Monika Grabuschnigg: >>For you, fucking Bastards<<, 2006
Monika Grabuschnigg: >>For you, fucking Bastards<<, 2006
© Monika Grabuschnigg

Der Tradition entsprechend, alle 2 Jahre eine/n internationale/n Kurator/in zu beauftragen, einen externen Blick auf unsere künstlerische Ausbildung und deren Ergebnisse zu richten, findet heuer wieder eine Jahresausstellung in den Räumlichkeiten des Atelierhauses statt. Nach Harald Szemann, Martin Prinzhorn, Kaspar König und Martin Fritz, Barbara Vanderlinden, Zdenka Badovinac, Daniel Richter und zuletzt Eva Maria Stadler wurde dieses Jahr Adam Budak, Kurator des Kunsthauses Graz, eingeladen, die aktuelle Produktion der Studierenden der Akademie der bildenden Künste Wien zu begutachten, eine Auswahl zu treffen und diese in ihren thematischen und formalen Schwerpunkten vorzustellen.

Das Leben in Unsicherheit und dessen physische und psychische Kartografie ließe sich als Hauptthema des diesjährigen Kuratorenprojektes heranziehen. Insgesamt werden in der Ausstellung die Arbeiten von mehr als dreißig StudentInnen aus allen Abteilungen der Akademie der bildenden Künste Wien einschließlich der Architektur- und Szenografie-Werkstätten sowie das >>Refer-Relate-Memory<<, ein ganz besonderes Porträt des Instituts für Konservierung - Restaurierung, präsentiert. Inspiriert von einer eingehenden Auseinandersetzung mit dem Werk des französischen symbolistischen Lyrikers Stephane Mallarmé unterzieht das Kuratorenprojekt die Ausstellung einer Neubetrachtung als einen dynamischen und offenen Schauplatz der Erzeugung von Bedeutung und Verbreitung einzelner Erzählungen. Während diese autonom bleiben, bilden sie dennoch eine Konstellation, in der das Mallarmé'sche Unvorhersehbare in Form einer Verschmelzung des Raumes und der Zeichen auftritt, die uns innerhalb einer scheinbar oberflächlichen und ungeformten Struktur mit dem Versprechen von Ordnung ködert.

© Johannes Vogl|Johannes Vogl: >>Watching the waves<<, 2005, Installation
Johannes Vogl: >>Watching the waves<<, 2005, Installation
© Johannes Vogl

Auf diese Weise beabsichtigt diese Ausstellung sowohl, den Status quo aller Ordinariate der Akademie der bildenden Künste Wien im Jahre 2006 auf eine möglichst objektive Weise zu inszenieren als auch zur gleichen Zeit ein allgemeines Thema zu orchestrieren.

Als ein Werk über Bewegung, eine mögliche Studie der Formgestaltung, ein Feld der Potentiale und des Werdens greift dieses Projekt Mallarmés räumliches Gedicht >>Un Coup de dés jamais n'abolira le hazard (Ein Würfelwurf niemals je auslöschen wird den Zufall)<< (1895) erneut auf - im Netz paralleler Bahnen des Zufalls und der Präzision, der Unschuld und der Erfahrung, des Scheiterns und der Dringlichkeit. Ein Akt des >>Würfelwurfs<< und die Figur eines improvisierenden Fauns bilden einen Rahmen, der Widersprüche in sich vereint und der Wirkung einer Zusammenstellung von Kunstwerken im Raum des Mehrzwecksaals der Akademie einen Rhythmus vorgibt.

© Bruno Hoffmann|Bruno Hoffmann: >>Schwarzmaler<<, 2006, Öl auf Leinwand
Bruno Hoffmann: >>Schwarzmaler<<, 2006, Öl auf Leinwand
© Bruno Hoffmann

Das unsichere Leben - als ganz besonderer Ausnahmezustand, bei dem es um Verwundbarkeit geht - nimmt seinen Lauf irgendwo zwischen der Unvorhersehbarkeit des Zufalls und eiskalt berechneter Präzision. Mallarmés berüchtigte Hypothese, dass >>jedes Denken einen Würfelwurf vollführe<< macht einen Pol der Existenz aus, den, der dem Risiko ausgesetzt ist, dem Unbekannten und dem Unbeständigen, also ungewiss und unsicher ist, aber auch offen für Mehrdeutigkeit, dynamisch und vielstimmig. Deleuze schrieb auf Nietzsche verweisend: >>Die Würfel, die fallen, sind eine Sternenkonstellation, ihre Punkte bilden eine 'von den Sternen geborene' Zahl. Daher kommt dem Würfeltisch in zweierlei Hinsicht Bedeutung zu. Er ist Meer des Zufalls und Himmel der Unvermeidlichkeit, Mitternacht - Mittag. Mitternacht, die Stunde, zu der die Würfel ausgespielt werden ...<< Das Rollen der Würfel verkörpert das Vermögen, Zufall und Willkür in einer Welt bar eines (einheitlichen) Prinzips zu bejahen. Im Gegensatz dazu verweist Badiou auf eine Dimension des Risikos, die in der Welt von heute gerne zugunsten immer ausgeklügelter werdender Vorausberechnung verworfen wird.

© Sissa Micheli|Sissa Micheli: aus der Serie >>Victim of Apartment Fire Is Mourned by Neighbors - New York Times, April 22<<, 2006, C-Print
Sissa Micheli: aus der Serie >>Victim of Apartment Fire Is Mourned by Neighbors - New York Times, April 22<<, 2006, C-Print
© Sissa Micheli

Diese Besessenheit von wohl kalkulierter Sicherheit fällt mit der Aufmerksamkeit zusammen, die präzisionsgesteuerten Methodologien zuteil wird (Jordan Crandall). Hier stellt Präzision einen Versuch dar, das Objekt in direkterer und effizienterer Weise >>einzufangen<<, wobei der Schwerpunkt auf Exaktheit und fast mathematischer Ausarbeitung von Details liegt. Darüber hinaus ließe sich Präzision auch als ein Streben danach wahrnehmen, die Medialität einzuschränken und eine Art ersehnte tiefere Verbundenheit mit dem Realen - um nicht zu sagen Kontrolle über das Reale - zu manifestieren.

Zufall und Präzision stellen zwei Modelle dar, wie man mit dem Realen umgeht. Was liegt dazwischen, zwischen dem verführerischen Reiz des Zufalls (einer Art Ersatz für die Faltung) und der Anziehungskraft der Präzision (einer in gewisser Weise sicheren Einengung des Blickfeldes)? Wie widersteht man dem Spiel? Wie lässt sich das Vorhersehbare verwerfen? Und darüber hinaus, wie verläuft die Bahn zwischen Unschuld und Erfahrung? Wie lässt sich Einzigartigkeit definieren? Wie betritt man den Bereich der Pluralität?

© Thomas Hesse|Thomas Hesse: >>Akkuschrauber<<, 2006, Video Still
Thomas Hesse: >>Akkuschrauber<<, 2006, Video Still
© Thomas Hesse

Der Titel, Erwachen Zweifeln Rollen Strahlen und Sinnen, als gewisser Ausdruck des Selbstbewusstseins im Making of dieses Projekts, beruht auf einer ganz besonders eruptiven Zeile von Mallarmé, und übernimmt auf diese Weise die Verantwortung einer (rebellischen) Metapher, die darauf abzielt, die Akademie der bildenden Künste Wien als einen Schauplatz des Risikos und der Revolte (Badiou), einen Ort (unmöglichen) Ungehorsams zu entwerfen. In dieser Suche nach einer Selbstdefinierung wird das unsichere Subjekt, welches das Trauma eines Lebens ohne Inhalt erfährt (als polemischer Verweis auf Agambens Definition des Künstlers als Mensch ohne Inhalt) als Faun porträtiert, eine hybride mythologische Figur, Protagonist und Erzähler von Mallarmés Nachmittag eines Fauns (1875), einem Gedicht, das für Badiou eine eigenartige Identitätssuche darstellt, die ausführliche Beschreibung eines Akts der Benennung, in dem Spur und Zweifel als aktive Instrumente des >>Unentscheidbaren<< wirken. Hin und her gerissen zwischen elementarem menschlichen Begehren und dem Drängen der Subjektivität, in der Schwebe zwischen Erwachen und Einschlafen, begeht der Faun, der >>Schöpfer elementarer Fiktionen<<, an den >>Nymphen<< - flüchtige (objektive) Namen, Fantasmen einer noch kommenden Wirklichkeit - das >>Verbrechen<< der Treulosigkeit. In dieser Weise liefert Mallarmés Gedicht einer Akademie als Schauplatz solcher >>Treulosigkeiten<< ein Gerüst: In einem Ereignis der Improvisation vollzieht sich hier die Konstruktion des >>Ichs<<, wobei die Ausarbeitung von Spuren und Autonomie mit der Fluktuation des Begehrens zusammenfällt, einem Prozess der Gestaltung, der die Versuchung, über die Partitur hinauszugehen, in sich birgt.

© Katharina Cibulka und Philipp König|Katharina Cibulka und Philipp König: >>Spit it!<<, 2005, AV-Installation
Katharina Cibulka und Philipp König: >>Spit it!<<, 2005, AV-Installation
© Katharina Cibulka und Philipp König

Mallarmés Vorwort zu Un Coup de dés (Ein Würfelwurf) und die Theorie der Feldbedingungen dienten der Architektur dieser Ausstellung als Szenarios. Die Ausstellung erscheint hier als Gespräch, als eine bestimmte Verteilung des Raumes, die sich beim Lesen vollzieht, wo keine Überschreitung eines Systems wirkt, sondern eine Streuung von Bedeutungsfragmenten. So wird >>wahrscheinlicher Sinn<< erzeugt: innerhalb gleichzeitiger Sichtweisen der Seite, >>alles passiert auf kürzestem Weg, hypothetisch, Geschichtenerzählen wird vermieden<<. Dieses mentale Szenario, das in der Tat an eine musikalische Partitur erinnert, ist durch eine präzise Anordnung paralleler Felder choreographiert, und orchestriert folglich einen Raum der Ausbreitung, der Veränderung, Zufall und Improvisation zulässt. Feldbedingungen bilden hier eine formale und räumliche Matrix, die, obwohl sie verschiedenste Elemente in sich vereint, doch die unverwechselbare Identität jedes einzelnen respektiert. Serialität und Wiederholung legitimieren die Erzählstränge, die durch die gesamte labyrinthische Ausstellungsstruktur gesponnen sind. Eine solche Architektur spiegelt die Unsicherheit und lässt der Ungewissheit des Realen Raum.

Text: Adam Budak

Katalog zur Ausstellung

Kuratorenprojekt 2006 | Katalog S. 1-14 | Text Adam Budak (engl.) (pdf 128 KB)

Kuratorenprojekt 2006 | Katalog S. 15-43 | KünstlerInnen A-L (pdf 812 KB)

Kuratorenprojekt 2006 | Katalog S. 44-80 | KünstlerInnen M-Z (pdf 944 KB)

Atelierhaus der
Akademie der bildenden Künste Wien

Lehárgasse 8
1060 Wien
Mehrzwecksaal, 2. Stock
T +43 (1) 588 16 - 0

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