Schaubilder. Strategien visueller Effizienz
FWF | Elise Richter-Fellow
geleitet von Katharina Steidl, Institut für Kunst und Kulturwissenschaften
Projektlaufzeit: 1.10.2025–30.9.2029
Im Zentrum vorliegender Untersuchung steht die bildliche Visualisierung von Wissen in den Vereinigten Staaten zwischen 1920 und 1950. Ausgehend von drei bislang kaum erforschten Fallstudien – den Ausstellungsdisplays des Museum of Modern Art in New York, dem grafischen System des Sweet's Catalogue Design sowie den operativen Visualisierungen des Office of Strategic Services (OSS) – werden Themenkomplexe der Bildpädagogik und des Informationsdesigns mit Theorien der Management Studies verwoben und in ihren kultur- und wissenschaftsgeschichtlichen Kontexten beleuchtet.
Ziel ist es, eine exemplarische Kulturgeschichte des Schaubildes zu entwickeln, die Bildmedien erfasst, welche visuelle Anleitungen oder Übersichten auf Schautafeln präsentierten. Diese Medien dienten nicht nur der Vermittlung, sondern etablierten neue Formen des Wissens. Die zentrale These lautet, dass visuelle Arbeitsmethoden der Management Studies (darunter: Flussdiagramm, "flow chart") in andere disziplinäre Felder wie das des Grafikdesigns übertragen wurden. So entstanden operative Visualisierungswerkzeuge, die die Organisation der Bildebene nach standardisierten Prinzipien ermöglichten und den Anspruch auf "visuelle Effizienz" einlösten.
Die Untersuchung zeigt zugleich, dass diese Bildpraktiken auf normativen Vorstellungen beruhten: Standardisierung und Effizienz ermöglichten die Durchsetzung bestimmter Ordnungskategorien, die konkrete Körper, deren zugeschriebene Fähigkeiten und Herkunft privilegierten, andere hingegen konsequent ausgliederten. Hier knüpft das Projekt an Perspektiven der Disability und Gender Studies an, indem es fragt, wie visuelle Normierungen Differenz markieren und Prozesse des "Othering" reproduzieren. Zugleich übersetzten jene Bildpraktiken komplexe Operationen in standardisierte Zeichen und ermöglichten so eine visuell sowie aktiv steuerbare Rationalisierung, die den kybernetischen Leitbegriff der Regelung durch Rückkopplung (Feedback) vorwegnahm. In diesem Sinne fungieren Schaubilder als visuelle Brücke zwischen Management Studies, Operations Research und den frühen Theorien der Kybernetik.