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Ästhetik und Kunstsoziologie III

Soziologie der SubalternenIn einem viel zitierten Aufsatz hatte die postkoloniale Theoretikerin Gayatri Spivak gefragt, ob die Subalternen sprechen können. Die Frage zielte auf die Gelingensbedingungen von Sprechakten, die aus Positionen sozialer Marginalisierung heraus getätigt werden: Wer wird gehört und wer nicht? Wessen Sprechen und welche Artikulationen treffen auf Resonanz und welche nur auf taube Ohren?Spivak bezog sich dabei auf einen Begriff, den der kommunistische Parteistrategie und Kulturtheoretiker Antonio Gramsci bereits in den 1930er Jahren theoretisiert hatte. Den subalternen gesellschaftlichen Gruppen, hatte Gramsci konstatiert, fehle es an kollektivem Selbstbewusstsein und damit an „politischer Selbstständigkeit“. Anders als in der Arbeiterbewegung gebe es keine konsistente kollektive Geschichtsschreibung, die Geschichte der Subalternen sei deshalb letztlich „notwendigerweise bruchstückhaft und episodisch“.In den 1970er und 80er Jahren diente der Subalterne-Begriff dem Historiker Ranajit Guha zum Verständnis der (post-)kolonialen Situation in Indien, die im Rahmen der South Asian Subaltern Studies Group analysiert wurde. In den 1990er Jahren wurde dem Zusammenhang von kolonialer Herrschaft und kultureller Exklusion auch in Lateinamerika im Kontext der Latin American Subaltern Studies nachgegangen.Die Subalternen sind aber, nicht zuletzt angesichts ihrer prekären Artikulationsfähigkeit, keine eindeutig bestimmbare Gruppe von Menschen. Eine „Soziologie der Subalternen“ muss den Begriff der oder des Subalternen auf mindestens drei Ebenen thematisieren: erstens als Frage der Vergemeinschaftung, in der bestimmte gesellschaftliche Gruppen bzw. Milieus charakterisiert und analysiert werden sollen, zweitens als Frage der Exklusion, in der Formen von Unterdrückung und Möglichkeiten des Widerstands adressiert werden sowie drittens als Frage einer kulturellen Verfasstheit, bei der es um Bedingungen und Praktiken von Bildung und Handlungsermächtigung geht.
Title Ästhetik und Kunstsoziologie III
Description Soziologie der SubalternenIn einem viel zitierten Aufsatz hatte die postkoloniale Theoretikerin Gayatri Spivak gefragt, ob die Subalternen sprechen können. Die Frage zielte auf die Gelingensbedingungen von Sprechakten, die aus Positionen sozialer Marginalisierung heraus getätigt werden: Wer wird gehört und wer nicht? Wessen Sprechen und welche Artikulationen treffen auf Resonanz und welche nur auf taube Ohren?Spivak bezog sich dabei auf einen Begriff, den der kommunistische Parteistrategie und Kulturtheoretiker Antonio Gramsci bereits in den 1930er Jahren theoretisiert hatte. Den subalternen gesellschaftlichen Gruppen, hatte Gramsci konstatiert, fehle es an kollektivem Selbstbewusstsein und damit an „politischer Selbstständigkeit“. Anders als in der Arbeiterbewegung gebe es keine konsistente kollektive Geschichtsschreibung, die Geschichte der Subalternen sei deshalb letztlich „notwendigerweise bruchstückhaft und episodisch“.In den 1970er und 80er Jahren diente der Subalterne-Begriff dem Historiker Ranajit Guha zum Verständnis der (post-)kolonialen Situation in Indien, die im Rahmen der South Asian Subaltern Studies Group analysiert wurde. In den 1990er Jahren wurde dem Zusammenhang von kolonialer Herrschaft und kultureller Exklusion auch in Lateinamerika im Kontext der Latin American Subaltern Studies nachgegangen.Die Subalternen sind aber, nicht zuletzt angesichts ihrer prekären Artikulationsfähigkeit, keine eindeutig bestimmbare Gruppe von Menschen. Eine „Soziologie der Subalternen“ muss den Begriff der oder des Subalternen auf mindestens drei Ebenen thematisieren: erstens als Frage der Vergemeinschaftung, in der bestimmte gesellschaftliche Gruppen bzw. Milieus charakterisiert und analysiert werden sollen, zweitens als Frage der Exklusion, in der Formen von Unterdrückung und Möglichkeiten des Widerstands adressiert werden sowie drittens als Frage einer kulturellen Verfasstheit, bei der es um Bedingungen und Praktiken von Bildung und Handlungsermächtigung geht.
Code 040094
Term Sommersemester 2024
Hours per Week 2
Instruction Language Deutsch
Teaching Activity ID SE
Teaching Activity Name Seminar
Type ID LVEAB
Type Erstausbildung/Weiterbildung
Learning Objective Das Seminar bietet Einblicke in die Subaltern Studies von Gramsci über Spivak und Guha bis zur lateinamerikanischen Debatte und folgt ihren Spuren bis in die kulturtheoretischen und politischen Diskussionen sowie künstlerischen Praktiken der Gegenwart.
Form of Assessment
Exam URL https://campus.akbild.ac.at/akbild_online/ee/ui/ca2/app/desktop/#/slc.tm.cp/student/courses/159809?$ctx=design=ca;lang=de&$scrollTo=toc_overview
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